Kuratorin: Susanne Sauter
Ausstellung vom 16.–31. Mai 2008
31.5.2008 Eine Re-Aktion von N.N. Projekte

Die Ballung und Häufung von Punkten, Linien und Achsen der Zeichnungen Irene Weingartner’s lassen an die Ästhetik verformungsgerechter Bauaufnahmen denken. Bei diesen werden Raster und Punkte gesetzt, um alte verformte Bauten auszumessen. Verglichen mit diesem Verfahren machen die Zeichnungen anstelle eines aufgezeichneten architektonischen Raumes einen Körperraum lesbar. Der Versuch den Körperraum aufzuzeichnen, erfolgt über Wahrnehmungen von Signalen, welche vom Körper zum Hirn über den Arm zur Hand zum Bleistift auf das Papier übertragen werden. Diese Technik ist ein Versuch, tektonische Verschiebungen und die daraus resultierenden Erschütterungen seismografisch festzuhalten, jedoch wird dieses Aufzeichnungssystem wiederum durch die Tätigkeit des Aufzeichnens selbst beeinflusst. Wie bei Rückkoppelungseffekten werden zu starke Signale evoziert, welche die Mechanik der Apparatur unterbricht und zu fehlgeleiteten Linien führt. Anhand dieser teilweise fehlgeleiteten Aufzeichnungstechnik und der daraus resultierenden Linientextur sind weder klar identifizierbare Figuren noch symbolische Darstellungen abzulesen. Viel eher geht das Auge auf Wanderschaft, bildet Landschaften, architektonische Formen oder einfach Linien- und Punkteballungen, so dass es nicht so recht weiss, anhand welcher Parameter es sich orientieren soll und wo es Fixpunkte finden kann. Die Signalzeichnungen Irene Weingartner’s reflektieren in ihrer Erscheinung einen Aspekt zeitgenössischer naturwissenschaftlicher Visualisierungstechniken, bei denen es um die Darstellung experimenteller Phänomene geht. Auch diesen liegen keine Referenzgegenstände mit fester Struktur zugrunde. Im Gegenteil, die Visualisierungen basieren auf Messdaten, Signalen oder elektromagnetischen Wirkungen. Diese Daten werden zugunsten ihrer Lesbarkeit in symbolische Darstellungen übersetzt. Irene Weingartner verzeichnet Signale ohne Parameter, sie verweigert den Betrachtern die Orientierung mittels gängiger Ordnungsmuster, beispielsweise des Körperschemas von Kopf bis Fuss.
Text: Elke Bippus